Barbartos - Der Kult von Nicole Kohlstock

BARBARTOS - DER KULT 

Von NICOLE KOHLSTOCK


Kurzmeinung: Der falsche Dämon, ein armer Vegetarier, gerät in die Gefangenschaft von elenden, mortalen Menschlein, um ausgebeutet zu werden! Witzig! Top
Als Immortaler unter ekligen Menschen?
Das ist meine Gesamtrezension für den ersten Band in zwei separaten Büchern. 
Die schräge, liebenswürdige, im positiven Sinne verrückte Reihe ist eine Tetralogie. ( Tetralogie, nicht Tetraloge, Ups, Teratologe hat nichts mit Edward Lee zu tun! )
Just begab es sich im neunten Monat, Septembrus genannt, im Jahre des Teufels Neunzehnhundertsiebenundachtzig, in einem Dorf namens Lueg, daß ein Kult der infernalischen Art einen blutrünstigen Dämon namens Bartos beschwören und versklaven wollten. Die Hohepriesterin des Tenebrarum, Viktoria, gleichzeitig Meisterin der Bürger, mit Sprachfehler, gemeinhin wohl Stottern genannt, ( kommt davon, wenn man nicht zum Logopäden geht ), hat so aus einem Lapsus hinaus Barbartos unter ihrer Fuchtel. 
Dieser, nett, freundlich, mit Emotionen, Vegetarier, tierfreundlich, muß niederste Arbeiten verrichten und grausige Order ausführen. Er freundet sich mit Viktorias Sohn Matt an. Immerhin kann er den Dörflern hübsche Streiche spielen. 
Karl, der zweite Hauptprotagonist, etwas weltfremd, lebt, seitdem er die Schule abgeschlossen hat, in einem Kloster. Nach einem Erlebnis verläßt er die Klause endgültig und lernt in eben jenem Lueg und Trueg ( äh, pardon ) Lueg seinen Vater kennen, der allerdings zu stark den geistigen Getränken zuspricht. Karl merkt, daß im Dorf irgendetwas hmh, schweflig riecht - es ist etwas faul im Staate Dänemark. ( Hamlet ist auch englisch für einen kleinen Weiler wie Lueg, also paßt das Zitat des alten Will! ).
Karl merkt bald selbst, daß er etwas Besonderes sein könnte und ein gewißes Talent besitzt, auch wenn er das alles nicht so richtig wahrhaben will. Die Frauen des Dorfes umgarnen ihn nicht grundlos, aber er blickt einfach nicht ganz durch, bis er vielleicht doch etwas unerwartet erfährt? Und überraschende Begegnungen hat? 
Barbartos und Matt wollen Karl retten ( offensichtlich auch vor sich selbst ), denn sie wissen, daß der Kult etwas im Schilde führt und Karl nun einmal nicht George C. ist. Werden sie Erfolg haben? Was wird aus dem armen Barbartos? 
Das erste Buch der Reihe ist in zwei Bände gespalten, aber dessen Persönlichkeit ist es nicht. 
Die ironische Sprache und der Sarkasmus geben der Geschichte Situationskomik, Wortwitz und Hintergründigkeit. Ich kam gut und schnell zurecht mit dem eingängigen, abgründigen Schreibstil. Abgründig im besten Sinne natürlich! 
Die wechselnde Perspektive zwischen Barbartos und Karl bringt Dynamik in das Buch, wie überhaupt dieser Auftakt vor geradezu diabolischer Vitalität sprüht! 
Außerdem ist der Topos gegen den Strich gebürstet und Klischees werden TNT - mäßig gesprengt. Denn der geknechtete Dämon Barbartos gar so nett ist, emotional, hilfsbereit, träumt ( Gruß an Morpheus, einem der sieben Ewigen! ), Tiere und sogar einige Menschen seine Freunde nennt, VEGETARIER! Muß ich mich mehr sagen? Toll! 
Der naive, weltentrückte, unerfahrene Karl ist von der Sorte, daß ich ihn des öfteren schütteln möchte, ja, anschreiben, weil er oft nicht erkennt, was Sache ist. 
An Spannung und Twists fehlt es  nicht. Der Bogen wird konstant hochgehalten! Sogar Höllenausgeburten wie ich, altgediente Leser, wurde noch überrascht! 😈
Wenn man sich Lueg und ihre irren, durchgeknallten und psychopathischen Insassen so anschaut, ist Innsmouth dagegen ein müder Haufen. Ähnlichkeiten mit realen Dörfern sind rein zufällig und ( nicht ) beabsichtigt. Egal ob lebend, tot, immortal oder untot! 
Emotionen kommen nicht zu kurz, man entwickelt große Sympathien für Barbartos und gewinnt ihn sogar sehr lieb. 
Das Buch ist äußerst vielschichtig und raffiniert aufgebaut. 
Manche sagen, daß Buch sei kein Mainstream. Was ist schon Mainstream? Einheitsbrei! Clark Ashton Smith und H. P. Lovecraft waren ebenfalls kein Mainstream und hatten zu Lebzeiten nicht viel Erfolg, jedenfalls nicht den verdienten. 
Das wird Nicole Kohlstock hoffentlich nicht passieren und ihr gar schröckliches Fatum sein. Und falls der Erfolg doch posthum kommen sollte, wenn die Autorin im erklecklichen Alter von 112 Jahren die schnöde Erde verläßt, dann wird sie durch einen Nekromanten heraufbeschworen, von welchen Elysischen Gefilden auch immer, um neubelebt dann an ihrem eigenen Weltruhm partizipieren zu können! Hurra!





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